Die meisten Menschen in Arbeitskontexten, in denen Meetings regelmäßig stattfinden, verdrehen genervt die Augen, wenn um eben diese geht. Die generelle Meinung ist: Meetings (oder "Austausch") sind wahlweise langweilig, überflüssig, nur eine Bühne für die Großmäuler oder all of the above. Kein Wunder, dass viele Leute auf Meetings allergisch reagieren.
Hypothese: Meetings gibt es. Das bedeutet, sie müssen ja einmal für irgendwas gut gewesen sein. Die Frage ist, für was sind sie denn immer noch gut? Und wie müssen sie strukturiert sein, dass sie tatsächlich wertvoll sind? In diesem Beitrag gebe ich dir 7 Tipps an die Hand, wie produktive Meetings gelingen können.
Wie so oft gilt auch hier: Vergiss nicht die Vorbereitung. Ob ein Meeting produktiv wird oder nicht, hängt bereits stark von der Vorarbeit ab!
Starten wir mit der guten alten Frage nach dem "Wozu"? Und zwar nicht nur nach dem "Wozu" des Meetings, das dann im Betreff der Termineinladung steht, sondern noch einen Schritt vorher. Meetings starten generell mit dem Impuls, mehrere Personen in einem (virtuellen) Raum zusammenzubringen, um irgend etwas zu besprechen. Keiner will aus einem Meeting rausgehen mit dem Gedanken: "Das hätte auch eine Email sein können...!". Um das zu vermeiden, helfen die folgenden Fragen: Woher kommt dieser Impuls? Worum geht es konkret? Soll etwas angekündigt werden? Soll ein Erfahrungsaustausch stattfinden? Sollen Ideen für ein Problem gesammelt werden? Geht es um eine Entscheidung, die getroffen werden muss?
Tipp #1: Soll in dem Meeting eine Entscheidung getroffen werden, mache daraus einen Workshop!
Je mehr aktive Beteiligung ich von den Teilnehmenden brauche, desto mehr lohnt es sich, hierfür ein Treffen anzusetzen. Wenn es noch einen Schritt weiter auf der Kollaborationsskala geht, nämlich, z.B. gemeinsam Ideen zu entwickeln oder Herausforderungen zu reflektieren, um anschließend weitere Schritte abzustimmen, solltest du das Meeting in einen Workshop umwandeln.
Klingt banal, ist aber oft mit allerlei Glaubenssätzen behaftet:
"Bei dem Thema müssen alle aus beiden Abteilungen eingeladen werden."
"Ich lade auch immer unsere Abteilungsleiterin und deren Chef und dessen Chefin zu den Meetings ein. Die Kommunikationswege müssen eingehalten werden."
"Noah und Anja haben eigentlich nichts mit dem Thema zu tun, aber ich lade sie trotzdem zu dem Meeting ein. Nicht, dass sie sich ausgeschlossen fühlen."
Das resultiert nicht selten darin, dass ein riesen Meeting stattfindet, zu dem es eigentlich nur eine handvoll Leute gebraucht hätte. Der Rest langweilt sich, schreibt während des Termins Emails (besonders gut in remote Meetings oder Workshops möglich) oder kommt zu spät / telefoniert nebenher / kommt gar nicht.
Steht das Ziel des Treffens einmal fest, solltest du es auch ganz klar in der Einladung zu dem jeweiligen Meeting oder Workshop benennen. Was können die Teilnehmenden erwarten und was wird von ihnen erwartet? Im besten Fall schickst du schon einmal eine grobe Agenda mit.
Tipp #2: Lade gezielt die Personen ein, deren Input und Entscheidung du in dem Termin wirklich brauchst.
Ein Workshop oder Meeting kann nur dann produktiv und erfolgreich werden, wenn die richtigen Leute zusammenkommen. Mal angenommen, es soll einen Workshop geben, in dem ihr für ein bekanntes Problem Ideen sammeln und ein Experiment zur Lösung definieren wollt. Bevor du die Einladung an team@yourcompanyname.biz schickst, überleg dir genau, wessen Input du hier wirklich brauchst. Und lade dann genau diese Personen gezielt zu dem Termin ein.
Egal ob Meeting oder Workshop:
Tipp #3: Lass jemanden den Termin moderieren.
Diese Person sollte nicht gleichzeitig als Inputgeber:in teilnehmen, sondern im besten Fall weitestgehend neutral moderieren können. So stellst du sicher, dass die Moderatorin sich um die Struktur kümmert und die Teilnehmenden gut durchführt, so dass diese sich voll und ganz auf den Inhalt konzentrieren können.
Es lohnt sich, mehrere Personen im eigenen Unternehmen zu haben, die Workshops oder Meetings effektiv moderieren können. So kannst du z.B. in deiner Organisation anbieten, Termine für andere Teams moderieren, während ein Kollege oder eine Kollegin aus einer anderen Abteilung Workshops für dein Team moderiert.
Wenn du dich einmal an ein produktives Meeting oder einen tollen Workshop zurückerinnerst: Was hat den Termin so effektiv gemacht? Da lassen sich gewisse Grundstrukturen erkennen, die essenziell für ein produktives Meeting sind. Auf diese Leitplanken sollten vor allem die Moderator:innen achten, die durch den Termin führen.
Ein Symptom ineffektiver Meetings sind sich im Kreis drehende Diskussionen. Bevorzugt von nur wenigen Teilnehmenden des Meetings getrieben, während der Rest sich irgendwie durch den Termin schleppt (oder Solitaire spielt). Wenn am Ende etwas Gemeinsames erarbeitet oder eine Entscheidung getroffen werden soll, ist das nicht besonders zielführend.
Der/Die Moderator:in bzw. Facilitator sorgt dafür, die Gesprächsführung so zu gestalten, dass alle Teilnehmenden gleichermaßen zu Wort kommen.
Oftmals machen Leute sich lustig über die Verwendung von Sticky Notes bzw. Post-Its in Workshops. "Die mit ihren bunten Zetteln...was soll das denn?!". Effektive Workshops zeichnen sich neben sequenziellen Diskussionen dadurch aus, dass wir das Gesprochene visualisieren. Egal ob mit Post-Its oder auf einem (virtuellen) Whiteboard.
Tipp #4: Visualisiert eure Diskussionen in einem standardisierten Format!
Das hat einen ganz einfachen Hintergrund: Unser Gehirn ist nicht dafür ausgelegt, sich eine größere Anzahl an Informationen zu merken. Laut einer Studie von George Miller können wir uns im Durchschnitt ca. 7 Dinge (+/- 2) merken. Und auch in diesem Blogpost gibt es 7 Tipps! Zufall?! Ich glaube nicht 😎
Dann greifen auch noch diverse Biases (= Hang oder Neigung zu etwas), wie z.B. der Recency Bias oder der Primary Bias, die besagen, dass wir uns vor allem erst- und letztgenannte Informationen merken können. Der Rest dazwischen verschwimmt oder gerät in Vergessenheit. Und am Ende sollen die Teilnehmenden eine Entscheidung auf Basis ihres Gedächtnisses treffen. Keine gute Idee.
Um in einem Workshop letzten Endes zu einer Entscheidung zu gelangen oder sich auf nächste Schritte zu einigen, ist es nötig, einer gewissen Struktur zu folgen.
Ohne die oben erwähnte sequenzielle Gesprächsführung und Visualisierung würde die Diskussion höchstwahrscheinlich zwischen den verschiedenen Ebenen springen, z.B. während sich die Beteiligten über die eigentliche Problemstellung unterhalten, werden schon erste Lösungsideen in den Raum geworfen oder anders herum.
Tipp #5: Setze für jeden Arbeitsschritt im Workshop eine Timebox!
Um das zu verhindern, strukturiert die Moderatorin den Workshop entsprechend und setzt für jeden Schritt eine Timebox. Ist ein Schritt beendet, z.B. Eingrenzung eines Problems, geht es zur Lösungsfindung über. So stellt sie sicher, dass in der zur Verfügung stehenden Zeit das Ziel des Termins erreicht werden kann. Gleichzeitig üben die Workshop-Teilnehmenden, ihre Gedanken präzise zu formulieren und sich auf das Wichtigste zu fokussieren.
Zurück zum Thema Gesprächsführung: Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass die Teilnehmenden in einer Diskussion vom Thema abkommen. Sie bringen andere Themen auf den Tisch, die oftmals durchaus wichtig sind, aber für die Zielsetzung des aktuellen Termins nicht passen.
Ein charmanter Kniff von Moderator:innen ist es dann, diejenige(n) Person(en) wertschätzend darauf hinzuweisen und sie zu bitten, ihr Thema auf ein Post-It zu schreiben und auf den Themenparkplatz zu hängen. Das kann ein Bereich auf einem (virtuellen) Whiteboard oder ein Poster an der Wand sein.
Tipp #6: Parkt Themen, die nicht zur Zielsetzung des Workshops passen, auf einem Parkplatz!
So können diejenigen Personen, die das Thema auf den Tisch gebracht haben, sich für den Moment davon lösen und sich auf den Inhalt des Workshops konzentrieren. Am Ende sollte der Moderator / die Moderatorin ein paar Minuten Zeit dafür einplanen, auf die Themen im Parkplatz einzugehen.
Mega nervig: Ihr habt ewig rumdiskutiert und am Ende des Meetings seid ihr zu keiner Einigung gekommen. Es wird ein Follow-up Meeting angesetzt. 😩 Das fühlt sich nicht nur blöd an, sondern trägt weiterhin dazu bei, dass Meetings in Verruf geraten. Die vorangegangenen Tipps sind so ausgelegt, dass eine Struktur entsteht, in der ihr innerhalb kurzer Zeit zu einer Entscheidung kommen könnt.
Wichtig ist dabei noch, die Entscheidung "handelbar" zu machen, also nächste Schritte zu definieren und wer für sie zuständig ist.
Tipp #7: Beende den Workshop mit einer Entscheidung und nächsten Schritten!
Deshalb ist es so essenziell, die richtigen Leute in den Workshop einzuladen. Zumindest eine Person muss die Entscheidung auch in diesem Termin treffen können.
Es muss übrigens nicht die perfekte, für alle Zeiten gültige Entscheidung sein. Wenn es z.B. darum geht, Lösungen für ein Problem zu finden, ist es wichtig, im Anschluss an den Workshop eine Lösungsidee ausprobieren zu können, damit etwas vorwärts geht. Stellt sich während der Ausprobierphase heraus, dass die Idee nicht zur Lösung des Problems geführt hat, wird eine andere Idee verprobt.
Stundenlange, unstrukturierte Meetings müssen echt nicht sein. Das führt auf kurz oder lang nicht nur zur Demotivation aller Beteiligten, sondern hält sie im Übrigen auch von ihrer Arbeit ab. Während ich in Meetings sitze, findet keinerlei Wertschöpfung statt. Probiere die oben genannten Tipps einmal aus und schaue, was das mit euren Meetings macht.
Im Übrigen darfst du bzw. dürft ihr eure aktuellen Regelmeetings auch einmal reflektieren und ein Gedankenexperiment wagen: Was würde passieren, wenn wir diese Meetings von heute auf morgen weglassen würden? Es geht dabei nicht darum, in blindem Aktionismus alle Meetings zu canceln. Einige von diesen Meetings bzw. Teile davon sind bestimmt immer noch sinnvoll. Mit den oben genannten Tipps kannst du diejenigen, die noch Sinn haben, so strukturieren, dass sie auch Wert bekommen.
Wie sehen Meetings aktuell in deiner Arbeitswelt aus? Kennst du noch mehr Tipps? Schreib mir gerne deine Erfahrungen!